Presseinformation der Bezirksärztekammer Koblenz

Frauen bei Gewalt in Beziehungen helfen

Regionaler Runder Tisch diskutierte mit Fachreferenten und Beratungsstellen

Wie kann Frauen gezielt geholfen werden, die in ihren sozialen Beziehungen Gewalt erleben? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines „Regionalen Runden Tisches“, zu dem die Bezirksärztekammer Koblenz gemeinsam mit dem Mainzer Gesundheitsministerium und der Landeszentrale für Gesundheitsförderung nach Koblenz eingeladen hatte. Neben zahlreichen Besuchern waren auch alle wichtigen lokalen Anlauf- und Beratungseinrichtungen vertreten. Damit zeigte sich, dass die im vergangenen Jahr gestartete Initiative einer engeren Vernetzung der Institutionen, bereits konkret Form angenommen hat.

„Wenn Frauen oder Mädchen in ihrem Umfeld Gewaltanwendungen ausgesetzt sind, dürfen wir nicht wegschauen, sondern müssen lernen dies zu erkennen“, brachte es Dr. Martin Fuchs, Vorsitzender der Bezirksärztekammer Koblenz, für die Ärzteschaft auf den Punkt. Die Schlüsselrolle von Medizinern bzw. Pflegekräften in diesem Interventionsprozess stellte die Sozialpädagogin Ingrid Homeier heraus. „Dem Kreislauf der Gewalt zu entkommen, gelingt oft nur mit Hilfe von außen.“ Die Referentin machte deutlich, dass gewalttätige Handlungen in der Regel keine Einmaldelikte seien, sondern Bestandteil eines Misshandlungssystem. Dabei nehme im Lauf der Zeit die Schwere der Gewalt hinsichtlich Häufigkeit und Intensität deutlich zu.

„Ein Gespräch mit den Frauen kann helfen, sie aus dem Gefängnis ihrer Angst herauszulösen“, unterstrich Anette Diehl, die über Formen sexualisierter Gewalt in Paarbeziehungen referierte. Wichtig sei dabei, konkrete Hilfsangebote aufzuzeigen, denn nur etwa 10 Prozent der Betroffenen suchten solche von sich aus auf. Zum einen werde das Verhalten des misshandelnden Partners mit verschiedensten Erklärungen entschuldigt; zum anderen hätten die Frauen Angst, damit einen Stein ins Rollen zu bringen.

Wer sich einer Beratungsstelle oder einem Arzt anvertraut, auch das wurde bei der Veranstaltung deutlich, muss nicht automatisch mit dem Einleiten einer Anzeige gegen den Partner rechnen. „Die Spurensicherung und Dokumentation ist ein wichtiger Bestandteil der Untersuchung nach häuslicher oder sexueller Gewalt“, erklärte Rechtsmedizinerin Verena Kuntz. Jedoch könne die Frau selbst darüber entscheiden, ob und zu welchem Zeitpunkt dies als Beweis herangezogen werden soll.

Über den rechtlichen Handlungsrahmen bei Gewaltanwendungen informierte die Fachanwältin für Familienrecht Isabell Schulte-Wissermann das Forum. Das Gewaltschutzgesetz zum Beispiel regele, so die Juristin, „wer schlägt, der geht“. Täter könnten danach auf Dauer aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen werden. Auch Annäherungs- und Kontaktverbote für Haus, Schule, KiTa u.a. könnten hierbei dauerhaft ausgesprochen werden. Als ‚Vorstufe’ dazu greife das Polizei- und Ordnungsgesetz Rlp (POG), das innerhalb weniger Stunden die Möglichkeit biete, Gewalttäter zunächst für die Dauer von 10 Tagen aus der Wohnung zu verweisen.

„Grundsätzlich unterliegen Ärzte der Schweigepflicht“, so die Juristin. Nur wenn die Patientin sie davon entbinde oder Gefahr für Leib und Leben bestehe, dürfe der Arzt gegenüber Polizei oder anderen Behörden aussagen. Schulte-Wissermann ermutigte betroffene Frauen, sich bei Misshandlung dem Arzt anzuvertrauen, um in einem Verfahren auf entsprechende Beweise zurückgreifen zu können.

Eine Übersicht über die lokalen und regionalen Beratungs- und Interventionsstellen mit weiterführenden Informationen finden Sie hier