Gewalt gegen Frauen und Kinder mit eigenem Netzwerk in Koblenz begegnen

Lokale Hilfsstrukturen für Gewaltopfer enger miteinander verknüpfen: Darauf verständigten sich die Vertreter/innen aller wichtigen Koblenzer Einrichtungen und Institutionen bei einem Fachaustausch am Runden Tisch, der vom Bezirksärztekammer-Vorsitzend

Gewalt gegen Frauen und Kinder: Bei diesem Thema will man in Koblenz künftig in einem eng geknüpften Netzwerk zusammenarbeiten. Darauf haben sich die verschiedenen Anlauf- und Beratungsstellen, Polizei und Ärztevertreter in einem gemeinsamen Forum verständigt. „Wir brauchen ein lokales Hilfesystem, in dem die Kompetenzen aller Beteiligten für alle transparenter werden“, brachte der Vorsitzende der Bezirksärztekammer Koblenz, Dr. Martin Fuchs, als Initiator das gemeinsame Ziel auf den Punkt. Eine enge Verzahnung sei wichtig, um betroffene Frauen und Kinder auf ihrem Weg aus der Gewalt zu begleiten.

Auf Einladung der Bezirksärztekammer fanden sich Vertreter/innen vom  Frauenhaus und Frauennotruf Koblenz, der Interventionsstelle, Jugendamt, dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), pro familia, Weißer Ring, Polizeipräsidium sowie Mediziner aus Praxen und Kliniken am Runden Tisch zu einem Fachaustausch zusammen. „Gerade wir Mediziner müssen uns bei einem Verdacht auf Misshandlung klarer als bisher positionieren und den Patienten bestehende Hilfsangebote näher bringen“, machte Dr. Fuchs als Ärzteschaftsvertreter selbstkritisch deutlich. Denn häufig sei der Arzt erste Anlaufstelle nach einer Gewaltanwendung. 

 „Etwa jede zweite Frau wird im Laufe ihres Lebens Opfer häuslicher Gewalt, quer durch alle sozialen Schichten“, berichtete Catia Loddo vom Kölner Institut für Rechtsmedizin in ihrem Eingangsreferat. Aktuelle Zahlen für den Großraum Koblenz unterstreichen die Brisanz der Thematik: So brachte das Polizeipräsidium Koblenz im Jahr 2007 in 565 Fällen den Tatbestand ‚Gewalt in engen sozialen Beziehungen’ zur Anzeige. Davon entfielen allein auf das Stadtgebiet und die Ortsteile 265 Fälle. Häufig bleiben Gewalttaten in der Familie jedoch unentdeckt. „Aus Scham oder Schuldgefühl schweigen viele der Opfer“, so Loddo.

Wie schwierig es manchmal als Mediziner sei, mit verdächtigen Spuren oder Auffälligkeiten bei Patientinnen, die nicht darüber reden wollten, umzugehen, machte der Obmann der Koblenzer Frauenärzte Martin Zimmermann an Fallbeispielen deutlich. „Man hat auch Angst, Dinge anzusprechen, die evtl. eine ganze Lawine in Gang setzen.“  Die leitende Oberärztin Sibylle Banaschak vom rechtsmedizinischen Institut Köln bestärkte die ärztlichen Kollegen jedoch darin, bei unklaren Verletzungen oder einem unplausibel klingenden Unfallhergang nachzuhaken und evtl. eine weitere Instanz zu Rate zu ziehen. Bei Kindesmisshandlung sei dies oft der einzige Weg, Fälle aufzudecken. Über bedrückende Beispiele wusste hier auch Kinderarzt Bassem Irscheid vom Marienhaus Klinikum Neuwied zu berichten.

„Häusliche Gewalt ist wie eine chronische Krankheit,“ so Rechtsmedizinerin und Buchautorin Banaschak. Häufig handle es sich um einen langen Prozess, bis Frauen sich selbst oder ihre Kinder daraus lösten. Wichtig sei deshalb, den Opfern deutlich zu machen, dass jede Gewaltanwendung Unrecht und gesetzlich verboten sei. „Was brauchen Frauen in der akuten Situation? Was brauchen sie langfristig? Auf diesem Weg müssen wir sie begleiten“, brachte es eine Mitarbeiterin der Koblenzer  Interventionsstelle auf den Punkt.

Hierbei enger als bisher Hand in Hand zu arbeiten, wurde von allen Forumsteilnehmern deutlich bekräftigt. Insbesondere bei den Ärzten wurde eine Schlüsselrolle in der Versorgungskette gesehen, da sie  Opfern im Gespräch eine wichtige Brücke zu den Beratungsstellen bauen können. Alexandra Neisius vom Koblenzer Frauenhaus regte deshalb an, in den Praxen ein deutliches Signal zu setzen, dass man sich mit dem Thema Gewalt auseinander setze. Ein gemeinsamer Flyer mit allen wichtigen Adressen, welche auch auf der Homepage unter www.aerztekammer-koblenz.de zu finden sein wird, wurde als weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem institutionellen Netzwerk gesehen. Mit dem Thema Gewalt wird sich auch der  neue Präventions-Ausschuss der Ärztekammer intensiv auseinandersetzen. „Wir werden unsere Hausaufgaben machen“, versicherte Dr. Fuchs. Als neuen, festen Termin haben sich alle  Beteiligten den 11. Februar 2009 notiert: Bei einer Veranstaltung der Koordinierungsstelle RIGG (in Trägerschaft des Ministeriums) zum Thema Gewaltprävention will man den Austausch und das persönliche Kennenlernen weiter intensivieren.

 

Linkliste: 

www.frauen-gegen-gewalt.de

www.frauenhaus-koblenz.de

www.frauennotruf-koblenz.de

www.ist-ko.de (Interventionsstelle Koblenz)

www.polizei-beratung.de

www.profamilia-koblenz.de

www.weisser-ring.de

www.gewaltschutz.info

www.kinderschutzdienst-koblenz.de